Sie wollen einen Roman schreiben, haben aber das Gefühl, keine Zeit dafür zu haben? In den meisten Fällen ist es eine Frage der Prioritäten. Wir müssen nicht die Zeit zum Schreiben haben, sondern wir müssen sie uns nehmen.
Dem Schreiben Priorität einräumen
Die wichtigste Frage lautet: Wie wichtig ist mir das Schreiben und welchen Rang hat es in meinem Leben? Welche Motivation steckt dahinter? Wenn wir uns das vor Augen führen, fällt es leichter, dem Schreiben im Alltag mehr Zeit zu widmen. Ein erster sinnvoller Schritt ist es dann, feste Termine für das Schreiben einzuplanen, ähnlich wie bei anderen Hobbys. Wenn Sie jeden Montagabend Tennis spielen, nehmen Sie sich zu der Zeit wahrscheinlich auch selten etwas anderes vor – und ähnlich dürfen Sie es mit dem Schreiben handhaben. Auch wenn es ein flexibles Hobby ist, helfen feste Zeiten dabei, Regelmäßigkeit zu etablieren. Tragen Sie die Zeiten ruhig in den Kalender ein, um mehr Verbindlichkeit zu schaffen, und nehmen Sie sich gezielt nichts anderes in diesen Zeiträumen vor.
Es kann helfen, anderen von diesen Schreibzeiten zu erzählen. Nicht nur, damit Ihre Freunde wissen, dass Sie künftig dienstagabends keine Zeit mehr haben, sondern auch, weil es dem Ganzen noch mehr Verbindlichkeit gibt. Wenn andere Sie mittwochs immer fragen, wie es am Vortag mit dem Schreiben lief, möchten Sie eine gute Antwort liefern können und haben am Dienstag einen weiteren Antrieb, um sich wirklich an den Schreibtisch zu setzen.
Routine hilft
Hilfreich ist es auch, eine Schreibroutine zu entwickeln. Wenn wir uns jedes Mal aufs Neue fragen, ob wir jetzt schreiben sollen, ist es leichter, Ausreden zu finden: Ich bin noch müde, ich muss den Abwasch machen, gleich muss ich sowieso los. Aber wenn wir jeden Morgen um sechs Uhr schreiben, schalten wir irgendwann auf Autopilot und setzen uns an den Schreibtisch, ohne es zu hinterfragen. Dann schreiben wir auch, wenn wir gerade nicht motiviert sind oder uns in einer besonders stressigen Phase befinden.
Am besten versuchen Sie, in diesen Schreibphasen den inneren Kritiker auszuschalten. Konzentrieren Sie sich einfach aufs Schreiben. Der Text muss nicht perfekt sein, sondern es ist wichtig, dass überhaupt etwas auf dem Papier landet. Überarbeiten können Sie den Text später immer noch und je besser wir unseren Perfektionismus unterdrücken, desto eher fließen die Worte aus uns heraus und desto schneller kommen wir voran.
Jeden Freiraum nutzen
Im Alltag gibt viele kleine Zeiträume, die wir ungenutzt lassen und über die wir uns sonst häufig ärgern. Das kann zum Beispiel die Wartezeit beim Arzt oder an der Bahnhaltestelle sein. Wenn wir immer etwas zum Schreiben dabeihaben, können wir diese Zeit aber produktiv nutzen und in etwas Positives verwandeln. Das können klassisch Block und Stift, aber auch der Laptop oder einfach nur das Handy sein. Wer nicht gerade an Reiseübelkeit leidet, kann auch gut in der Bahn schreiben, was sich besonders für Pendler anbietet, um täglich Zeit zum Schreiben zu finden. Wer mit dem Auto pendelt, hat diese Option natürlich nicht. Dann kann man die Zeit aber zumindest nutzen, um sich Gedanken über die Geschichte zu machen. Wenn Sie schon genau wissen, wie die nächste Szene ablaufen soll oder sogar schon gute Formulierungen im Kopf haben, wird Ihnen das Schreiben umso leichter von der Hand gehen, wenn Sie später dazu kommen, und Sie müssen entsprechend weniger Zeit einplanen.
Ansonsten können wir auch bewusst Zeiträume freischaufeln und uns fragen, wo wir Prioritäten anders setzen können. In der Mittagspause essen Sie nie mehr als einen kleinen Snack und die restliche Zeit verbringen Sie mit belanglosen Gesprächen? Vielleicht reicht auch eine halbe oder Viertelstunde zum Austausch und die restliche Zeit verbringen Sie künftig mit dem Schreiben. Oder versacken Sie abends stundenlang vor dem Fernseher? Dann könnten Sie nur noch eine Folge der Lieblingsserie schauen und davor oder danach noch etwas schreiben. Machen Sie kleine Zeitfresser im Alltag aus. Das kann zum Beispiel die Zeit sein, in der Sie am Handy scrollen, obwohl es eigentlich keine spannenden Neuigkeiten gibt. Öffnen Sie künftig lieber die Notizen-App und tippen Sie ein paar Wörter.
Zwischenziele setzen
Hunderte Seiten oder zehntausende Wörter zu schreiben kann schnell wie ein unmögliches Unterfangen wirken. Fünf Seiten oder tausend Wörter klingen im Vergleich schon viel schaffbarer, oder? Kleine Zwischenziele können dabei helfen, die Motivation aufrechtzuerhalten. Ein klassisches Vorgehen Schritt für Schritt also.
In meiner Zusammenarbeit mit Autor:innen habe ich immer wieder festgestellt, dass solche Ziele dabei helfen, weiterzukommen. Wichtig ist, ein realistisches Maß zu finden – und es bei Bedarf anzupassen, wenn zum Beispiel andere Verpflichtungen oder die eigene Gesundheit es erfordern. Nach und nach kommt man dann auch dem eigentlichen Ziel näher, ein ganzes Buchmanuskript zu schreiben.
Auch Kleinvieh macht Mist
Ob wir lange am Stück oder mehrmals über den Tag verteilt schreiben, ist eine Frage der Arbeitspräferenzen. Den einen fällt es leichter, sich einmal am Tag für eine Stunde hinzusetzen und zu schreiben, statt sich immer wieder aufs Neue aufraffen zu müssen. Anderen geht bei so einem langen Zeitraum die Puste aus. Sie legen lieber mehrere kleine Intervalle von zehn bis fünfzehn Minuten ein, in denen Sie dann wirklich fokussiert arbeiten. Grundsätzlich hat aber schon der letzte Absatz gezeigt, dass Sie nicht nur nach großen Zeitblöcken Ausschau halten sollen. Denn manchmal lassen sich diese nur schwer in den Alltag etablieren. Der Gedanke, eine ganze Stunde früher aufzustehen, kostet Überwindung. Zehn oder fünfzehn Minuten früher aufzustehen, klingt machbarer und auch in so kurzen Zeitabschnitten kann man einiges geschafft bekommen, gerade wenn es gelingt, über den Tag hinweg mehrere solcher Schreibintervalle einzuschieben.
Wichtig ist, dass Sie die Zeit, die Sie zum Schreiben haben, effektiv nutzen. Gerade bei kurzen Zeiträumen ist es wichtig, schnell in die Geschichte einzusteigen und direkt loszuschreiben, ohne viel nachzudenken. Denn wenn wir von unserer fünfzehnminütigen Schreibzeit erst mal fünf Minuten damit verbringen, in die Geschichte zu finden, kommen wir nicht gut voran. Das lässt sich aber trainieren und wenn man lange genug am Ball bleibt, stellt sich irgendwann die Gewohnheit ein.
Die perfekte Zeit zum Schreiben
Gleich vorweg: Die perfekte Zeit zum Schreiben gibt es nicht. Wer auf den Moment wartet, in dem er oder sie viel Zeit hat und hochmotiviert und inspiriert ist, kann wahrscheinlich lange warten. Trotzdem gibt es Zeiten, zu denen wir tendenziell kreativer und motivierter sind als zu anderen. Das sind bei jedem Menschen andere Zeiten. Die einen sind gleich nach dem Aufstehen produktiv; andere müssen erst langsam in Schwung kommen und laufen später zu Hochtouren auf, während wieder andere in einem Nachmittagstief versinken. Vielleicht kennen Sie Ihre produktiven Zeiten bereits. Ansonsten können Sie sich in den nächsten Tagen genauer beobachten und analysieren, zu welcher Zeit Ihnen Aufgaben besonders leicht von der Hand gehen und zu welcher Sie sich am liebsten auf die Couch legen und ein Nickerchen machen würden. Das hilft dann bei der Planung der Tagesstruktur.
Leider ist es im Alltag aber so, dass wir uns nicht immer nach unseren persönlichen Hochs und Tiefs richten können. Nur die wenigsten können vom Schreiben leben, die meisten gehen einem anderen Job nach. Dann muss man noch Dinge im Haushalt erledigen und will sich um Freunde und Familie kümmern. Das Schreiben muss drumherum arrangiert werden. Wer morgens sowieso schon gegen fünf Uhr aufstehen muss, um zur Arbeit zu kommen, hat wahrscheinlich wenig Lust, sich noch eine Stunde früher aus dem Bett zu quälen. Schauen Sie also individuell, welche Zeiten sich im eigenen Alltag besonders gut zum Schreiben anbieten.
Fazit
Wenn Sie mehr Zeit zum Schreiben finden wollen, können Sie sich zunächst einen Überblick über Ihren Alltag verschaffen und gezielt überlegen, wo sich das Schreiben unterbringen lässt. Machen Sie sich aber nicht fertig, wenn Sie an manchen Tagen oder sogar wochenlang doch nicht viel schreiben. Manchmal kommt es im Leben anders als geplant – und das ist okay. Lassen Sie sich nicht entmutigen. Denn nur weil Sie in der einen Woche nicht zum Schreiben kamen, heißt das nicht, dass Sie es in der nächsten gar nicht erst versuchen müssen. Am wichtigsten ist es, langfristig am Ball zu bleiben und bei all dem nicht die Freude zu verlieren. Behalten Sie immer im Hinterkopf: Auch Kleinvieh macht Mist. Selbst wenn Sie täglich „nur“ hundert Wörter schreiben, kommt über einen längeren Zeitraum ordentlich was zusammen. Viel mehr, als wenn Sie nie anfangen, weil Sie noch auf den perfekten Zeitpunkt warten. Nutzen Sie die Zeit, die Sie jetzt haben!