Kreativ schreiben
Handwerk und Techniken des Erzählens
DuMont Verlag
464 Seiten
12,99€ (TB), 9,99€ (EBook)
ISBN: 978-3832162672
Erscheinungstermin: 16.05.2014
Nachdem Fritz Gesing bereits 2002 eine erste Version seines Schreibratgebers veröffentlichte, erschien im Mai 2014 eine überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, die aktuelle Entwicklungen sowie einige exemplarische Veröffentlichungen der letzten Jahre behandelt. So bezieht Gesing in seine Überlegungen bspw. Aspekte wie den Erfolg der HBO-Serien á la Game of Thrones ein und zieht Rückschlüsse von solchen Verfilmungen auf das schriftstellerische Schaffen von heute („Schreiben im Zeitalter von Bild und Film“).
Kreativ schreiben bietet einen Überblick verschiedener literaturtheoretischer Ansätze, die jeweils mit Beispielen veranschaulicht werden und in gut verständlicher Weise formuliert sind. Ob Dramaturgie, Setting oder Charakterzeichnung, Gesing lässt nichts aus. Die zur Verständlichkeit herangezogenen Beispiele entnimmt er dabei sowohl zahlreichen Klassikern unterschiedlicher Genres als auch Veröffentlichungen der letzten Jahre.
Äußerst aufschlussreich ist zum Beispiel die Detailanalyse der Einführung der Nebenfigur Bezu Fache in Dan Browns Sakrileg. Bezu Fache ist der Capitaine der Pariser Polizei und wird anfangs beinah zum Antagonisten Robert Langdons aufgebaut. Gesing zeigt exemplarisch, wie man einer Nebenfigur individuelle Merkmale verleihen kann: zum Beispiel durch besondere Verhaltensmuster oder ein kontrastierendes bzw. spiegelndes Verhältnis zum Protagonisten.
„[…] Er ist alles andere als sympathisch, weckt jedoch Interesse durch den mythologischen Subtext und die daraus entstehenden Assoziationen, die im Gegensatz zu seiner Rolle als Polizist stehen, die ihn weniger als aufklärenden Detektiv denn als möglichen Schurken erscheinen lassen. Genau auf die Fährte soll der Leser gelockt werden.
Damit setzt sich der Capitaine kontrastierend zu dem Protagonisten ab und, wie man bald darauf erkennen kann, ebenso von seiner Kollegin Sophie Neveu, der weiblichen Zentralfigur. Durch den Auftritt einer so dunkel gezeichneten Figur wirken die Protagonisten umso heller.“
Auch wenn einige der aufgezählten Aspekte geradezu selbstverständlich sind, werden sie hier sehr stimmig auf den Punkt gebracht. In der Folge geht der Autor noch mehr in die Tiefe und bringt zudem noch Beispiele für geschickt eingebundene Nebenfiguren aus anderen Werken wie Moby Dick oder Doktor Faustus.
Darüber hinaus stellt sich Gesing grundlegenden Fragen des Literaturbetriebs: „Gibt es ein Erfolgsrezept für einen Bestseller?“, „Kann ich es schaffen?“ oder „Warum schreiben?“. Nein, die ultimativen Antworten darauf hat auch Gesing leider nicht gefunden, er bietet aber eine Reihe sinnvoller Ansätze und teilt offen seine eigenen Erfahrungen als Autor.
Kreativ Schreiben richtet sich natürlich in erster Linie an Autoren, ist aber auch für jeden interessant, der sich tiefergehend mit Geschichten und ihrem Entstehen befasst, egal ob Literaturwissenschaftler, Lektor oder Literaturagent. Das Buch eignet sich dank seiner übersichtlichen Struktur und des ausführlichen Inhaltsverzeichnisses übrigens auch gut als Nachschlagewerk.