Für viele sind die Begriffe „Szene“ und „Kapitel“ Synonyme. Tatsächlich meinen sie aber nicht immer das Gleiche und die Szenen- und Kapitelaufteilung eines Buches können voneinander abweichen. Wer sich das bewusst macht, kann das gezielt für die Planung der Romanstruktur nutzen.
Was ist der Unterschied zwischen Szenen und Kapiteln?
Szenen sind in sich geschlossene dramaturgische Sinneinheiten. Es gibt also einen festen Anfang und ein festes Ende und keine zeitlichen oder räumlichen Sprünge. In jeder Szene sollte es einen Konflikt und ein Ziel geben. Jede Szene ist sozusagen eine kleine Geschichte für sich. Es muss nicht immer ein großes Ziel sein, aber jede Szene braucht einen Motor, der sie vorantreibt und erzählenswert macht – einen zentralen Punkt, um den sich die Szene dreht.
Kapitel bauen auf den Szenen auf und können als übergelagerte Ebene gesehen werden. Szenen und Kapitel können deckungsgleich sein, müssen es aber nicht. Stattdessen kann sich eine Szene auch über mehrere Kapitel erstrecken oder ein Kapitel umfasst mehrere Szenen. Der Anfang und das Ende eines Kapitels sind also deutlich variabler.
Grob lässt sich sagen, dass die Szenen die Handlungsstruktur bestimmen und die Kapitel die Erzählstruktur und den Erzählrhythmus, auch wenn beides natürlich eng miteinander verwoben ist.
Romane in Szenen und Kapitel strukturieren
Wenn Sie sich den Unterschied zwischen Kapiteln und Szenen klar machen, eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Romanaufteilung. Grundsätzlich gibt es zwei Arten, ein Kapitel zu beenden: Es kann mit einem Szenenende abschließen oder mitten in einer Szene, bzw. kurz vor Schluss oder kurz nach Beginn einer Szene, enden. In dem Fall endet das Kapitel mit einem Cliffhanger, der für Spannung sorgen kann. Wenn eine Szene nicht ganz auserzählt wird oder mit einer Andeutung endet, was in der nächsten passieren wird, macht das neugierig.
Sie sollten sich also Gedanken über ein passendes und interessantes Kapitelende sowie einen fesselnden Kapiteleinstieg machen, um in den Leser*innen immer wieder den Wunsch zum Weiterlesen zu wecken. Durch das Spiel mit den Szenen- und Kapitelgrenzen kann also Spannung kreiert werden. Das heißt nicht, dass jedes Kapitel mit einem Cliffhanger enden muss oder sollte. Eine Szene darf dort zum Abschluss kommen, tatsächlich ist das sogar häufig der Fall. Dennoch sollte es immer einen Grund geben, weiterzulesen.
Die Planung der Szenen und Kapitel
Auch für die Planung ist die Unterscheidung zwischen Szenen und Kapiteln hilfreich. Gerade, wenn deren Grenzen und Reihenfolgen häufiger voneinander abweichen, kann es helfen, eine Liste für beides zu erstellen. Das ist vor allem der Fall, wenn Sie mit mehreren Handlungssträngen oder Zeitebenen zu tun haben, bei denen es auch mal Sprünge gibt. Dann ergibt es Sinn, erst eine chronologische Szenenliste zu erstellen, und dann zu überlegen, in welchem Kapitel was erzählt werden soll, und davon ausgehend eine zweite Liste zu erstellen. Mit der Planung der Szenen zu beginnen, erscheint deshalb sinnvoll, da die Kapitel auf diesen aufbauen.
Eine solche Aufteilung kann aber auch im Nachhinein erfolgen. Wenn Sie kein Fan der Planung vor dem Schreiben sind, können Sie diesen Prozess nachholen und basierend auf ihrem fertigen Text überlegen, ob die Szenen anders verteilt oder mit neuen Kapitelgrenzen noch besser wirken könnten. Oder Sie trennen die Planung von Szenen und Kapiteln: Vorab machen Sie sich Gedanken über die Szenen, dann wird der Text geschrieben und im Anschluss überlegt, welche Kapiteleinteilung passt.
In dem Zusammenhang können Sie auch über die Kapitellänge nachdenken. Eine perfekte Länge gibt es nicht: Ein Kapitel kann eine Seite lang sein, aber auch fünfzig Seiten oder mehr umfassen. In der Regel liegt es irgendwo dazwischen. Ob kurze oder lange Kapitel besser sind, ist in erster Linie Geschmackssache. Sie wirkt sich aber auch auf das Lesegefühl aus. Kurze Kapitel lassen sich schneller runterlesen, weil man das Gefühl hat, etwas geschafft zu bekommen. Wenn das nächste Kapitel wieder nur fünf Seiten lang ist, denkt man sich: Okay, ein Kapitel kann ich noch lesen. Und dann noch eins. Und noch eins. Durch kurze Kapitel entsteht mehr Dynamik, weshalb gerade Thrillerautor*innen gerne Gebrauch davon machen. Wenn Ihre Geschichte hingegen langsam voranschreitet und Sie Wert auf Ausführlichkeit legen, können Sie dieses Tempo durch längere Kapitel spiegeln. Das Genre ist also entscheidend, wenn es um Fragen der Kapitellänge sowie der Kapitel- und Szenenaufteilung geht.